Von Maximilian Plenert
Der Rahmen, innerhalb dessen es Nationen möglich ist, eine Drogenpolitik zu gestalten, ist wie kaum ein anderer Politikbereich durch internationale Verträge abgesteckt. Sowohl das Einheitsabkommen über die Betäubungsmittel von 1961 (ÜB 61), die Konvention über psychotrope Substanzen von 1971 (ÜB 71) und insbesondere das Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen den unerlaubten Verkehr mit Suchtstoffen und psychotropen Stoffen von 1988 (ÜB 88), als auch internationale Abkommen auf EU-Ebene (Schengen-Übereinkommen I und II, EUVerträge etc.) verbieten einige Politikoptionen wie eine unkontrollierte Freigabe. Gleichwohl ist eine Vielzahl von Reformen auch innerhalb der Verträge möglich. Stößt man an ihre Grenzen, kann man sie ignorieren (Niederlande), sie können ungültig sein, da ein Verfassungsvorbehalt vorgesehen ist, oder man kann eine Veränderung der Verträge anstreben. Wenn dies nicht gelingt, sind ein Austritt und ein Wiedereintritt unter Vorbehalt möglich – diesen Weg ging Bolivien mit der Legalisierung der Kokapflanze.
Der Internationale Suchtstoffkontrollrat (International Narcotics Control Board, INCB) übt über seine Interpretation der Verträge hier eine quasi-gerichtliche Funktion aus. Heute anerkannte Instrumente der Drogenpolitik wie die Konsumräume in Deutschland oder die Heroinabgabe in der Schweiz wurde zunächst als Verstoß gegen die Übereinkünfte gewertet und erst im Nachhinein anerkannt. Vor diesem Hintergrund ist laut der ehemaligen Schweizer Bundesrätin und Mitglied der Global Commission on Drug Policy Ruth Dreifuss eine gewisse Konfliktbereitschaft für ernsthafte Reformen von Nöten.
Eine Entkriminalisierung von Drogenkonsumenten bis an den Rand der Legalisierung wie sie in Portugal erfolgte, ist mit den internationalen Drogenverträgen vereinbar. Die Konventionen fordert keine strafrechtlichen Sanktionen. Eine Rechtswidrigkeit der Handlungen über ein Verbot und Sanktionen über das Verwaltungsrecht ist ausreichend.
Im World Drug Report 2009 des United Nations Office on Drugs and Crime (UNODC) heißt es: „The International Narcotics Control Board was initially apprehensive when Portugal changed its law in 2001 (see their annual report for that year), but after a mission to Portugal in 2004, it “noted that the acquisition, possession and abuse of drugs had remained prohibited,” and said “the practice of exempting small quantities of drugs from criminal prosecution is consistent with the international drug control treaties…” 156
Der Einsatz von Cannabis als Medizin oder allgemein die Nutzung von Substanzen zu wissenschaftlichen und medizinischen Zwecken ist nach ÜB 61 explizit erlaubt. Wissenschaftliche Modellversuche beispielsweise zu einer zeitlich und räumlich begrenzten Erprobung einer legalen Abgabe von Cannabis sind damit möglich. Die heutige Anwendung der Verträge und ihre nationale Umsetzung haben praktisch sehr wohl zu Einschränkungen geführt.
Fazit: Ein Ende der Strafverfolgung für Konsumenten, eine Nutzung von Cannabis als Medizin sowie Experimente für einen alternativen Umgang wären mit den internationalen Verträgen vereinbar. Eine Legalisierung wäre ein Verstoß gegen die Verträge, inwiefern dies jedoch in Zukunft eine Rolle spielen wird, ist nach der Legalisierung in Uruguay, Colorado und Washington fraglich. Mit dem grünen Licht durch die Obama-Administration scheiden die USA als traditionelle Hüter der Verträge aus bzw. können kaum mehr glaubwürdig auf eine Einhaltung der Verträge pochen.
Quellen & Weiterlesen: Stöver, H.; Plenert, M. (2013): Entkriminalisierung und Regulierung. Evidenzbasierte Modelle für einen alternativen Umgang mit Drogenhandel und – konsum. Friedrich Ebert Stiftung (Hrsg.), http://library.fes.de/pdf-files/iez/10043.pdf & http://www.alternativedrogenpolitik.de/2012/08/17/dieentkriminalisierung-in-portgual-ist-vereinbarmit-den-internationalen-drogenvertragen/
156 UNODC (2009): World Drug Report. Wien: United Nations Office on Drugs and Crime: S. 183; siehe http://www.unodc.org/wdr/